Deutschland produziert jährlich rund sechs Millionen Tonnen Plastikabfall. Obwohl das Land über ein gut ausgebautes Recycling-System verfügt und als eine der führenden Nationen in der Abfalltrennung gilt, wird ein signifikanter Anteil des getrennten Plastikmülls ins Ausland exportiert.
Aus den Augen aus dem Sinn
Ein wesentlicher Grund für den Export von Plastikmüll ist die wirtschaftliche Effizienz. Die Aufbereitung und Wiederverwertung von Plastikabfällen in Deutschland ist oft teurer als in Ländern mit niedrigeren Arbeits- und Betriebskosten. Und Müll, der aus Deutschland in zertifizierte Recyclinganlagen ins Ausland exportiert wird, zählt auch in die Berechnung der deutschen Recyclingquoten ein.
Das Problem: Die Recyclinginfrastruktur in den Zielländern ist oftmals mangelhaft, was dazu führt, dass nur ein Teil des Abfalls tatsächlich recycelt wird. Ein Großteil des exportierten Plastikmülls wird in Länder mit weniger strengen Umweltvorschriften und geringeren Recyclingkapazitäten deponiert oder verbrannt. Dies führt zu erheblichen Umweltverschmutzungen und Gesundheitsrisiken für die lokale Bevölkerung. Zudem werden oft gefährliche Chemikalien freigesetzt, die Luft, Wasser und Boden kontaminieren. In vielen dieser Länder wird der Müll unsachgemäß entsorgt, wodurch Plastikmüll in Flüsse und schließlich in die Ozeane gelangt, was die globale Meeresverschmutzung verstärkt. Auch die Arbeitsbedingungen in den Recyclinganlagen sind oft prekär, und die Arbeiter*innen sind ungeschützt gefährlichen Substanzen ausgesetzt.
Wohin mit dem Müll?
Bis vor wenigen Jahren war China der größte Abnehmer für Plastikmüll weltweit. Doch seit dem Inkrafttreten des Importverbots für viele Abfallarten im Jahr 2018 hat sich die Situation stark verändert. Laut Statistischem Bundesamt ging 2023 fast ein Fünftel (19 %) aller exportierten Kunststoffabfälle in die Niederlande. Ein bedeutender Teil des restlichen Plastikmülls wurde nach Asien verschifft, wobei Länder wie Malaysia und Vietnam zu den Hauptabnehmern gehören. Besonders der Export nach Asien hat zugenommen, was die Bedeutung dieses Marktes für den deutschen Plastikmüllexport hervorhebt und gleichzeitig neue Herausforderungen bezüglich der Überwachung und Einhaltung von Umweltstandards in den Empfängerländern darstellt.
Regulierungen und Abkommen zum Plastikmüll Export
Auf europäischer Ebene bemühen sich Politiker*innen, den Export von Plastikabfällen zu regulieren und zu reduzieren. Im Januar 2021 trat eine neue EU-Verordnung in Kraft, die den Export von nicht sortiertem Plastikmüll in Länder außerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verbietet. Diese Verordnung zielt darauf ab, die illegale Entsorgung von Plastikabfällen in Entwicklungsländern zu bekämpfen und sicherzustellen, dass exportierte Abfälle tatsächlich recycelt werden.
Ab Mai 2027 soll Müll nur noch in Nicht-OECD-Länder exportiert werden dürfen, wenn das Zielland ausdrücklich zustimmt und eine nachhaltige Verarbeitung des Mülls nachweisen kann. Das ausführende EU-Unternehmen muss dafür einen externen Dritten beauftragen, die Entsorgungsanlage, in die die Abfälle geliefert werden sollen, zu überprüfen.
Fazit
Der Export von getrenntem Plastikmüll aus Deutschland ins Ausland ist ein komplexes und vielschichtiges Thema. Während wirtschaftliche und logistische Gründe den Export begünstigen, stehen Umweltprobleme und ethische Bedenken zurecht im Vordergrund der Diskussion. Es hat sich bereits einiges getan: Die deutsche Bundesregierung fördert vermehrt Projekte, die auf die Reduzierung und das Recycling von Plastikabfällen abzielen. Ziel ist es, den Plastikverbrauch zu senken, die Recyclingquote zu erhöhen und innovative Lösungen für die Plastikverwertung zu entwickeln. Der signifikante Rückgang des Exports von Plastikmüll in den letzten zehn Jahren und die Einführung strengerer EU-Vorschriften sind positive Schritte in die richtige Richtung. Dennoch bleibt viel zu tun, um nachhaltige Lösungen zu schaffen. Die Entwicklung hin zu einer effektiven Kreislaufwirtschaft, die Förderung innovativer Recyclingtechnologien, die Reduktion der Herstellung von Neuplastik und die Sicherstellung hoher Umweltstandards in allen Empfängerländern sind entscheidende Maßnahmen, die noch intensiver verfolgt werden müssen.
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