Im Kampf gegen Plastikmüll in unseren Ozeanen sind innovative Technologien unerlässlich. In unserem Forschungsprojekt PlasticObs+ nutzen wir modernste Sensorik und Künstliche Intelligenz, um Plastik in den Meeren effektiv zu erkennen und zu überwachen. Ein zentraler Partner in diesem Projekt ist die OPTIMARE Systems GmbH, die auf über 30 Jahre Erfahrung in der flugzeuggestützten Meeresüberwachung zurückblicken kann. In diesem Interview mit Michael Sinhuber von der OPTIMARE Systems GmbH werfen wir einen Blick auf die Haupttätigkeitsfelder von OPTIMARE, ihre Technologien und die besonderen Herausforderungen, die bei der Detektion von Plastikmüll in Gewässern gemeistert werden müssen.
Was sind die Haupttätigkeitsfelder von OPTIMARE Systems GmbH und welche Rolle nimmt OPTIMARE im PlasticObs+ Projekt ein?
OPTIMARE ist spezialisiert auf state-of-the-art Sensorlösungen zur flugzeuggestützten Meeresüberwachung. Hierzu hat OPTIMARE in den letzten Jahrzehnten ein breites Portfolio von Sensorsystemen aufgebaut, die weltweit in der Meeres- und Umweltüberwachung im Einsatz sind. Von Mikrowellen über Infrarot und sichtbares Licht, bis hin in den ultravioletten Bereich decken die Systeme von OPTIMARE einen sehr breiten Spektralbereich für die Meeresfernerkundung ab. Dieses umfassende Know-How ermöglicht es OPTIMARE, gezielt für unterschiedlichste Missionsaufgaben eine geeignete Lösung zu finden. Eines der Schwerpunktthemen bei OPTIMARE ist sicherlich die Lokalisierung, Klassifizierung und Quantifizierung von Ölverschmutzungen, die beispielsweise durch Havarien in die Meeresumwelt gelangen und dort beträchtliche Schäden verursachen. Durch die Kombination der Sensoren von OPTIMARE über eine eigens entwickelte Missionssoftware wird es möglich, durch Überwachungsflüge ganz konkrete Informationen über Ort und Menge von ausgetretenem Öl zu erlangen und wichtige Daten zu dessen Beseitigung beizusteuern. In diesem Bereich ist OPTIMARE bereits seit mehr als 30 Jahren tätig.
Im PlasticObs+ Projekt konzentriert sich OPTIMARE insbesondere auf die Weiterentwicklung und Anpassung ihrer Sensorlösungen, um die besonderen Herausforderungen der Plastikdetektion zu bewältigen. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Projektpartnern trägt OPTIMARE entscheidend dazu bei, innovative Technologien zur großflächigen Überwachung von Plastikmüll in den Ozeanen zu entwickeln und zu validieren.
Wie tragen die Sensorik und die Technologien von OPTIMARE zur Erkennung und Überwachung von Plastikmüll in den Ozeanen bei?
Eine der spannenden Herausforderungen bei der Detektion von Plastikmüll im Gegensatz zu Öl ist einerseits dessen Verteilung: Während Öl sich in der Regel flächig zu Teppichen ausbreitet, findet sich Plastikmüll in der Natur häufig verteilt und stückig. Andererseits weist Plastik völlig andere spektrale Eigenschaften als Öl auf. Öl lässt sich beispielsweise hervorragend mittels Radar sowie einer Kombination von passiver Infrarot- und Ultravioletsensorik detektieren. Bei Plastikmüll hingegen liegt der Fokus vornehmlich im sichtbaren sowie im infraroten Bereich. Gepaart mit der Anforderung, möglichst große Bereiche während Überwachungsflügen abzudecken, gibt es hohe Anforderungen an Sensoreigenschaften wie Auflösung, Sichtbereich und Aufnahmefrequenz. In PlasticObs+ trägt OPTIMARE hierzu mit einem speziell für die Plastikproblematik weiterentwickelten Zeilenscanner bei. Diese besondere Kamera nimmt statt kompletter Bilder wie gewöhnliche Kameras in hoher Frequenz einzelne Zeilen auf, die im Nachgang wieder zu herkömmlichen Bildern zusammengesetzt werden. Dies hat den großen Vorteil, dass mit einer solchen Kamera enorm große Bereiche auf dem Meer beim Überflug abgedeckt werden können. Bei einer Überflughöhe von 300m kann dieser Sensor beispielsweise 600m breite Bereiche am Boden mit einer Auflösung von 15cm aufnehmen. Dies ist ausreichend, um auch kleine Plastikobjekte zu erkennen.
Gibt es besondere Herausforderungen bei der Entwicklung und Anwendung dieser Technologien im Rahmen der Plastikmülldetektion?
Eine der großen Herausforderungen bei der Anwendung dieser Technologie ist die Tatsache, dass sich ein Flugzeug in der Luft natürlich bewegt und stets „wackelt“, also um sämtliche Achsen vibriert und rotiert. Gerade bei Turbulenzen aber auch in windarmen Bereichen ist dies eine ganz alltägliche Erfahrung für jeden, der schon einmal mit einem Flugzeug auf Reisen gegangen ist. Im Gegensatz zu den großen Passagiermaschinen sind die Bewegungen in kleinen Forschungs- oder Aufklärungsflugzeugen aber noch deutlich ausgeprägter. Wenn man nun von den Aufnahmen der Kamera zu genauen georeferenzierten Abbildungen am Boden zurück rechnen will, benötigt man exakte Informationen zur Lage des Flugzeuges in der Luft. Im Rahmen von PlasticObs+ werden diese Information von einer speziellen Messeinheit, der sogenannten Inertial Measurement Unit geliefert. Mithilfe deren Daten lassen sich die Bildverzerrungen durch die Bewegung des Flugzeuges mathematisch korrekt korrigieren, was der künstlichen Intelligenz die Aufgabe erleichtert, Plastik zu detektieren.
Die OPTIMARE hat eine beeindruckende Erfolgsbilanz in der Entwicklung von innovativen Sensortechnologien. Können Sie uns einige technische Details über die Sensoren oder Instrumente teilen, die bei der Plastikmülldetektion über Fernerkundung zum Einsatz kommen? Wie werden diese Sensoren kalibriert und validiert, um genaue Messungen zu gewährleisten?
Wie oben schon erwähnt, ist einer der Hauptsensoren zur Detektion von Plastik in diesem Projekt eine spezielle Zeilenkamera, die große Bereiche am Boden abdecken kann. Um sicherzustellen, dass die vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in diesem Projekt entwickelte KI auch zuverlässig Plastik detektieren kann, sind in der Tat umfassende Validierungsmessungen notwendig. Es muss sichergestellt werden, dass die vom Sensor gelieferten Daten weder wesentlich viele falsch-positive noch falsch-negative Anomalien in der KI erzeugen. Um dies zu ermöglichen, haben die PlasticObs+ Partner DFKI, Jade Hochschule, everwave sowie OPTIMARE umfassende Messkampagnen zum sogenannten ground truthing durchgeführt. Nur durch eine solch gründlich vorbereitete Datenlage lässt sich das System von Sensorik und KI zuverlässig trainieren.
Neben der Detektion von Plastikmüll in Meeresgebieten könnte eine künstlich intelligente Fernerkundungstechnologie auch für andere Umweltanwendungen von Interesse sein. Können Sie uns Beispiele für solche Anwendungen nennen, bei denen Fernerkundung und Künstliche Intelligenz zukünftig zusammenwirken können, um Umweltprobleme zu adressieren?
Die in PlasticObs+ gewonnen Erkenntnisse und Methoden lassen sich mit überschaubarem Aufwand auch auf andere maritime Bereiche erweitern. Im Projekt liegt der Schwerpunkt auf der Erkennung von Plastik, aber es gibt auch Potenzial, diese Technologie auf andere Bereiche anzuwenden. Im Kern geht es darum, Sensorik und Künstliche Intelligenz zu kombinieren, um Abweichungen oder ungewöhnliche Muster zu erkennen. Man kann sich leicht vorstellen, dass mit Abwandlungen in Training und Sensorauslegung nicht nur Plastik, sondern auch beispielweise über Bord gegangene Container, Meeressäugetiere oder Schiffbrüchige gefunden werden können. Die rasante Entwicklung in den Bereichen künstlicher Intelligenz sowie immer leistungsfähigere Sensoren werden in den nächsten Jahren weiter zu Verknüpfungen führen, die es erleichtern werden, Umweltverschmutzungen in den Meeren frühzeitig zu entdecken.
Für die Zukunft gibt es hier also großes Potential!
Vielen Dank Michael Sinhuber für diesen interessanten Beitrag!
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